Häusliche Gewalt und Sucht

Häusliche Gewalt und der Konsum von Substanzen – insbesondere von Alkohol – beziehungsweise substanzungebundene Abhängigkeiten treten oft gemeinsam auf. Die Behandlung und Begleitung von Menschen, die von Sucht und häuslicher Gewalt betroffen sind, ist aber schwierig: Spezialisierte Fachstellen gibt es kaum, und die Fachpersonen der Sucht-, der Opfer- und der Gewalt-Beratung wissen noch zu wenig, wie sie mit Betroffenen umgehen können.

Projekt 2023-2024

Der Fachverband Sucht hat die Fäden aus dem vorgängigen Projekt wieder aufgenommen:

  • In einem ersten Schritt wurde das Netzwerk von 2013-2017 reaktiviert und erweitert. Konkret wurde bei der Projektumsetzung mit der Opferhilfe Schweiz, dem Fachverband Gewaltberatung Schweiz (FVGS), der Dachorganisation Frauenhäuser Schweiz und Liechtenstein (DAO) und der Schweizerischen Konferenz gegen Häusliche Gewalt (SKHG) zusammengearbeitet.
  • In einem zweiten Schritt wurde in einer breit angelegten Online-Umfrage der Bedarf der Fachpersonen bezüglich konkreter Hilfestellung für den Berufsalltag und den Umgang mit der Dualproblematik ermittelt. Die Rückmeldungen von über 200 Fachpersonen bzw. Institutionen zeigen, dass weiterhin Handlungsbedarf besteht, z.B. bei der Sensibilisierung, Vernetzung oder der Zurverfügungstellung von konkreten Hilfsmitteln (Präsentation der Ergebnisse).
  • Und schliesslich wurden zwei Sensibilisierungsveranstaltungen durchgeführt: In einer Weiterbildung im Kanton Zürich wurden Fachpersonen aus dem Bereich häusliche Gewalt für die Suchtthematik sensibilisiert. Bei der Veranstaltung «Häusliche Gewalt und Sucht: Zusammenarbeit von Sucht-, Opfer- und Täter:innenberatung im Fokus» standen die Vernetzung und interprofessionelle Zusammenarbeit zwischen den Fachpersonen aus der Sucht-, Opfer- und Gewaltberatung aus der ganzen Deutschschweiz im Zentrum. Mit den beiden durchgeführten Veranstaltungen ist es gelungen, ca. 220 Fachpersonen aus der Sucht-, Opfer- und Gewaltberatung zu erreichen. Im Rahmen der Veranstaltungen erhielten sie Informationen zu den Zusammenhängen zwischen Sucht und häuslicher Gewalt und ihnen wurden Anhaltspunkte vermittelt, wie sie die Dualproblematik in ihrem Berufsalltag erkennen und ansprechen können.

Das Projekt hat gezeigt, dass die Dualproblematik Fachpersonen aus der Sucht-, Opfer- und Gewaltberatung bewegt. Sie haben ein grosses Interesse daran, die Situation für Betroffene zu verbessern. Der Austausch und die Vernetzung zwischen den Fachpersonen der einzelnen Bereiche wurde sehr geschätzt und muss weiter gefördert werden. Es wäre bedauerlich, wenn die Dynamik, welche 2024 unter den Fachpersonen und den Dachverbänden in Bezug auf die Dualproblematik entstanden ist, sowie das aufgebaute Netzwerk, nicht weiter genutzt werden. Der Fachverband Sucht wird sich dafür einsetzen, die Dualproblematik im Rahmen eines Folgeprojekts weiterhin angehen zu können.

2013: Studie zeigt Lücken auf

2013 publizierte das Bundesamt für Gesundheit die Studie «Gewalt in der Partnerschaft und Alkohol». Sie umfasste wichtige Erkenntnisse: Zum einen gab sie Auskunft über die Häufigkeit und die Form, in der die Dualproblematik häusliche Gewalt und Sucht auftritt. Und sie zeigte, wo und wie Betroffene beraten werden, und wo es diesbezüglich Mängel gibt.

Zum anderen wies die Studie darauf hin, dass die Fachpersonen der Sucht-, Opfer- und Gewalt-Beratung sehr wenig wissen über die Dualproblematik, und dass die drei Fachbereiche untereinander kaum vernetzt sind. Sie machte zudem deutlich, dass die Fachstellen in der Regel keine Richtlinien kennen für den Umgang mit Betroffenen. Entsprechend fehlen den Fachleuten Handlungsanweisungen und Informationen, die sie bei der Beratung oder Therapie unterstützen und leiten. Nicht zuletzt stellte die Studie fest, dass es keine Fortbildungen zum Thema häusliche Gewalt und Sucht gibt.

Aufgrund dieser Ergebnisse lancierte der Fachverband Sucht 2013 ein mehrjähriges Projekt, mit dem Ziel, die Fachstellen und Fachleute besser zu wappnen für den Umgang mit der Dualproblematik. Damit er nicht nur Suchtfachleute, sondern alle betroffenen Fachleute erreicht, arbeitete er eng mit der Schweizerischen Konferenz gegen Häusliche Gewalt zusammen.

Im Verlauf des Projekts erarbeiteten die beiden Organisationen je eine Übersicht über bestehende Projekte und Programme sowie bestehende Kooperationen, die allen Interessierten zur Verfügung stehen. Sie führten mehrere Fachveranstaltungen für Fachpersonen der Sucht-, der Opfer- und der Gewalt-Beratung durch und leisteten damit einen entscheidenden Beitrag zu deren Vernetzung. Gemeinsam mit Fachpersonen aus allen drei Bereichen erarbeiteten sie Empfehlungen zur Verbesserung der Versorgung Betroffener.

Arbeitsergebnisse des Fachverbands Sucht

Weiterführende Informationen