Cannabis regulieren statt verbieten, aber wie genau? Ein erstes Modell liegt vor

29.10.2018 / Der Groupement des Etudes d’Addiction (GREA) und die Interessengemeinschaft (IG) Hanf haben gemeinsam ein Modell zur Cannabisregulierung veröffentlicht. Das Modell zeigt, wie genau Cannabis verkauft, besteuert und rückverfolgt wird, um gleichzeitig gefährdete Gruppen zu schützen und mögliche Schäden des Konsums zu mindern. Der Fachverband Sucht begrüsst das Modell und die Eröffnung der Debatte um das «Wie» der Cannabisregulierung. Genauer hingeschaut werden sollte noch bei der Zusammenarbeit zwischen Spezialgeschäften und Sucht-Fachleuten. 

Der GREA ist die Organisation der Sucht-Fachpersonen der französischsprachigen Schweiz. Die IG Hanf vertritt die Interessen der ProduzentInnen von Cannabis mit unter einem Prozent THC (legaler, so genannter CBD-Hanf). Sollte Cannabis auch mit einem Wirkstoffgehalt von über einem Prozent THC legalisiert werden, sind sich beide Organisationen einig, dass der Markt streng reguliert werden muss: Cannabis wird nur an Personen über 18 Jahre verkauft, in lizenzierten Geschäften oder Onlineshops, mit einer klaren Kennzeichnung der Produkte. Es wird festgelegt, wann keine Fahrzeuge und Maschinen mehr bedient werden dürfen. Wer trotzdem im Cannabisrausch fährt, wird bestraft. Für den Konsum von Cannabis im öffentlichen Raum gelten die gleichen Regeln wie für Tabak. Das vollständige Modell liegt auf Französisch und Deutsch vor.

Der Fachverband Sucht unterstützt das Modell aus fachlicher Sicht. Er begrüsst vor allem, dass ein erheblicher Teil der Steuer auf Cannabisprodukte an die Kantone und von dort an die Sucht-Fachstellen rückverteilt wird. In einem regulierten Cannabis-Markt sind die Sucht-Fachstellen in Bezug auf die Prävention, Beratung, Therapie und Schadenminderung von Cannabis noch mehr gefragt als heute – das ist auch gut so. Für die zusätzliche Arbeit müssen aber auch zusätzliche Ressourcen zur Verfügung stehen. Auch die transparente Kennzeichnung der Produkte ist aus schadenmindernder Sicht ein grosser Fortschritt zum heutigen Schwarzmarkt mit seinen unkontrollierten Produkten.

Ausbaufähig ist das Modell noch in Bezug auf die Zusammenarbeit der Cannabis-Spezialgeschäfte mit den Sucht-Fachstellen. Cannabis-Spezialgeschäfte müssten von Fachpersonen (die wiederum einen legitimierten und finanzierten Auftrag haben) in der Früherkennung problematischer Konsumierender geschult werden. Ratsuchende oder auffällige KundInnen müssten ausserdem an eine Sucht-Beratungsstelle weitervermittelt werden.

Der Fachverband Sucht erachtet es als wichtig, die Diskussion um die Cannabisregulierung nicht politischen oder ideologischen Stimmen zu überlassen. Das Modell des GREA und der IG Hanf ist ein wichtiger erster Schritt dazu. Wir freuen uns darauf, unsere fachliche Perspektive in die anstehenden Debatten einzubringen.