Synthesebericht Problematische/Risikoreiche Bildschirmnutzung in der Schweiz

02.07.2024 / Im Auftrag des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) veröffentlichen wir den neusten Synthesebericht «Problematische/Risikoreiche Bildschirmnutzung (2021-2024)». Dieser Bericht fasst die Beobachtungen einer nationalen Expert:innengruppe aus der Beratung, Behandlung und Prävention zusammen. Der Synthesebericht stützt sich auf aktuelle Fachliteratur und auf neu für die Schweiz erschienene epidemiologische Daten. Im Synthesebericht geben die Expert:innen ausserdem Empfehlungen ab, wie man als Gesellschaft und als Individuum mit den Herausforderungen des Gebrauchs digitaler Geräte umgehen kann, mit einem Fokus auf Kinder und Jugendliche. Der Begriff «Problematische/Risikoreiche Bildschirmnutzung» soll den Überbegriff «Onlinesucht» ablösen. Die Expert:innengruppe betont die Notwendigkeit aufeinander abgestimmter Massnahmen.

 

Die Problematische/Risikoreiche BiIdschirmnutzung steigt stetig an. Laut der Schweizerischen Gesundheitsbefragung 2022 sind 6,8% der Bevölkerung ab 15 Jahren, etwa 500’000 Personen, von Problematischer/Risikoreicher Bildschirmnutzung betroffen, Männer und Frauen gleichermassen. Die höchsten Zahlen liegen bei den 15-24-Jährigen (22,2%) und den 25-34-Jährigen (11,7%) vor, wobei Frauen in diesem Alter stärker betroffen sind. Im Jahr 2017 waren 3,8% der Bevölkerung betroffen. Die Zunahme problematischer/risikoreicher Bildschirmnutzung ist besorgniserregend, möglicherweise beschleunigt durch die COVID-19-Pandemie.

 

Dynamische technologische Entwicklungen, Schritt-halten bei Fachpersonen herausfordernd

Die Expert:innen stellen fest, dass sich die Märkte für Videospiele und soziale Medien seit dem letzten Synthesebericht (LINK) im Jahr 2020 erheblich weiterentwickelt haben. Die Digital- und Kommunikationstechnologieindustrien nutzen psychologische Mechanismen («addiction by design») ökonomisch aus, insbesondere durch Mikrotransaktionen und unendliche Scrollmöglichkeiten. Videospiele und Geldspiele verschmelzen zunehmend und z.B. Shopping-Apps werden «gamifiziert». Zudem stiegen laut der Expert:innengruppe Problematiken bei extremem/problematischem (Online)Pornokonsum und Sportwetten. Die Gesellschaft muss den Umgang mit diesen psychoaktiven digitalen Angeboten weiterhin erlernen, dies gilt für Jung und Alt gleichermassen.

 

Handlungsbedarf erkannt und Empfehlungen formuliert

Angesichts dieser Herausforderungen schlagen die Expert:innen strategische Empfehlungen vor, um das Problem des Problematischen/Risikoreichen Bildschirmkonsums anzugehen. Zu den vorgeschlagenen Massnahmen gehören unter anderem:

  • Das Angebot für Beratung und Behandlung muss vergrössert und die Ausbildung von Gesundheitsfachleuten gestärkt werden.
  • Stärkung der strukturellen Prävention durch neue Gesetze, z.B. zu Mikrotransaktionen, bzw. Nachbesserung bestehender Gesetze (z.B. Geldspielgesetz), insbesondere im Bereich der Werbung, der Schutzbestimmungen für Minderjährige und der Datentransparenz der Anbieter:innen
  • Unterstützung von Familien: Bereitstellung von Ressourcen und Materialien für Erziehungsberechtigte, um ihnen beim Umgang mit der Nutzung digitaler Medien zu Hause zu helfen.
  • Stärkung der Medienkompetenz: Informationen darüber, wie Apps und Videospiele gestaltet sind, um die Aufmerksamkeit der Nutzer zu gewinnen und zu halten. Förderung der Nutzung der positiven und kreativen Aspekte moderner Technologien. Integration und Umsetzung der digitalen Medienkompetenz in die Lehrpläne der Schulen, um Kinder für Risiken zu sensibilisieren und ihnen beizubringen, wie sie sicher im Internet surfen können.
  • Fortlaufende Forschung: Finanzierung zusätzlicher Studien zur Beobachtung von Konsummustern und zur Verbesserung der Strategien für Früherkennung und Frühintervention


Link zum kompletten Synthesebericht

Medienmitteilung als pdf

 

 

Medienkontakt:

  • D: Cédric Stortz, Projektleiter Fachverband Sucht, 076 453 93 26
     
  • F: Célestine Perissinotto, Chargé de projet GREA, 078 756 96 67