Alkoholpolitik

Nach dem Scheitern der Totalrevision des Alkoholgesetzes ist es einen Moment ruhig geworden um die nationale Alkoholpolitik.

Totalrevision des Alkoholgesetzes

Hauptziel der Totalrevision des Alkoholgesetzes war, den problematischen Alkoholkonsum zu vermindern und insbesondere die Jugend zu schützen. Im Verlauf des Gesetzgebungsprozesses geriet dieses Ziel immer mehr aus den Augen. An seine Stelle traten Massnahmen, die den Absatz einheimischer Spirituosen fördern. Schlussendlich wurde der Prozess 2015 infolge unüberbrückbarer Differenzen zwischen Nationalrat und Ständerat abgebrochen. Der Bundesrat hat daraufhin entschieden, nur die unbestrittenen Teile der Totalrevision umzusetzen. Dazu gehörte die Liberalisierung der Ethanoleinfuhr und die Integration der EAV in die Eidgenössische Zollverwaltung (EZV). Mangels Dringlichkeit wird laut Bundesrat vorläufig auf eine zweite Teilrevision verzichtet.

 

Parl. Initiative «Aufhebung der diskriminierenden Biersteuer»

SVP-Nationalrat Claudio Zanetti verlangt in der Parlamentarischen Initiative «Aufhebung der diskriminierenden Biersteuer»  die Aufhebung des Bundesgesetzes vom 6. Oktober 2006 über die Biersteuer. Der Nationalrat lehnte die Initiative am 4. März 2019 mit 110 zu 70 Stimmen bei 3 Enthaltungen ab. Der Vorstoss ist damit vom Tisch.

Motion «Für gleich lange Spiesse»

In der Schweiz war 50 Jahre lang verboten, an Autobahnraststätten Alkohol zu verkaufen oder auszuschenken. Das hat sich geändert, denn: National- und Ständerat haben der Motion «Für gleich lange Spiesse. Verkauf und Ausschank von Alkohol auch auf Autobahnraststätten zulassen» zugestimmt.

Der Fachverband Sucht hatte sich entschieden gegen die Motion eingesetzt. Denn zwischen dem Konsum von Alkohol im Strassenverkehr und schweren Verkehrsunfällen besteht ein direkter Zusammenhang: Jeder achte schwere Unfall im Strassenverkehr wird durch Alkohol mitverursacht. Am Wochenende ist es sogar jeder zweite.

Stellungnahme Koalition Alkoholverkauf Raststätten vom 5. September 2017

Ordnungsbussenverordnung

Nach Interventionen des Fachverbands Sucht und seiner Mitglieder hat der Bundesrat 2019 davon abgesehen, den Verkauf von Alkohol an Jugendliche unter 16 bzw. 18 Jahre wie ursprünglich vorgesehen mit einer einfachen Ordnungsbusse zu ahnden.

Stellungnahme des Fachverbands Sucht zur Ordnungsbussenverordnung vom 18. Juli 2017

Weiterführende Informationen: Webseite des Bundesamts für Justiz

Rechtsgutachten des Fachverbands Sucht zum Mindestpreis auf Alkohol

2013 hat der Fachverband Sucht ein Rechtsgutachten zur Machbarkeit eines Mindestpreises auf Alkohol in Auftrag gegeben. Das Gutachten kommt – entgegen eines älteren Gutachtens – zum Schluss, dass die Einführung eines Mindestpreises auf alkoholischen Getränken nicht im Widerspruch zu geltenden Gesetzen und internationalen Abkommen steht.

Rechtsgutachten vom 29. Mai 2013

Zusammenfassung des Rechtsgutachtens

Via Sicura-Massnahme «Obligatorische Nachschulung»

Via Sicura ist das seit 2012 existierende Massnahmenpaket des Bundes für mehr Sicherheit im Strassenverkehr. Neben vielen anderen bereits umgesetzten Massnahmen, war die Umsetzung von obligatorischen Kursen zur Nachschulung von Personen, denen der Führerausweis entzogen geplant. Teilgenommen an diesen Kursen hätten zum Beispiel Personen, die alkoholisiert oder unter Drogeneinfluss gefahren sind. Derartige Kurse gibt es schon heute, allerdings ist die Teilnahme heute freiwillig (sogenannte FiaZ-Kurse). Zur Eignung der Suchtfachstellen als Anbieter der obligatorischen Nachschulung erarbeitete der Fachverband Sucht ein Positionspapier.

Ein Grund für die jahrelange Verzögerung der Umsetzung der Massnahme «Obligatorische Nachschulung»: Der Ständerat verlangte 2016 in einem Postulat, dass das zuständige Bundesamt für Strassen (ASTRA) alle Massnahmen von Via Sicura evaluiert. Der Evaluationsbericht des Bundesrats wurde im Sommer 2017 veröffentlicht. Er empfahl Anpassungen bei einzelnen bereits in Kraft gesetzten Massnahmen und den Verzicht auf die Einführung einzelner neuer Massnahmen wie zum Beispiel die automatische Alkoholwegfahrsperre. Die obligatorische Nachschulung stellten damals aber weder Parlament noch Bundesrat in Frage.

Nach der Publikation des Berichts forderte das Parlament den Bundesrat schliesslich auf, einen Gesetzesentwurf zur Änderung des Strassenverkehrsgesetzes (SVG) zu präsentieren. Der Bericht zu diesem Entwurf wurde im Sommer 2020 veröffentlicht, auf die obligatorische Nachschulung wurde jedoch nicht explizit eingegangen. An der Vernehmlassung zur Teilrevision des Strassenverkehrsgesetzes (SVG) nahm auch der Fachverband Sucht teil, um im Rahmen dieser Vernehmlassung auf die Wirksamkeit und den positiven Kosten-Nutzen-Faktor der obligatorischen Nachschulung hinzuweisen (siehe hier). Der Ergebnisbericht des Bundesrates zur Vernehmlassung kam zum gleichen Schluss.

In der im Jahr 2023 abgeschlossenen Revision des Strassenverkehrsgesetzes im Parlament wurden einige Via Sicura-Massnahmen abgeschwächt. Auch die Massnahme «Obligatorische Nachschulung» kam zur Debatte. Für uns und unsere Mitstreiter:innen unverhofft, wurde diese Massnahme  – obwohl sie nicht Teil der Revision war und weiterhin vom Bundesrat gestützt wurde  – von beiden Räten aus dem Gesetz gestrichen. Das heisst:

Die Massnahme «Obligatorische Nachschulung» wird nun definitiv nicht umgesetzt, obwohl andere Länder positive Erfahrungen mit obligatorischen Nachschulungen machen (z.B. Österreich) und sich die damalige Bundesrätin Sommaruga während der Debatte noch einmal dafür stark machte.

Nach dem für uns enttäuschenden Entscheid wird der Fachverband Sucht das Thema «Substanzkonsum und Fahrtüchtigkeit» aktuell nur noch beobachtend begleiten. Wenn es die politischen Opportunitäten erlauben, werden wir unsere diesbezüglichen Forderungen selbstredlich wieder einbringen.