Soziale Dimension von Sucht
Sucht als bio-psycho-soziales Problem kann nur erfolgreich angegangen werden, wenn alle drei Dimensionen wie auch deren Nahtstellen gleichermassen bearbeitet werden.
Sucht bio-psycho-sozial
Kaum eine andere chronische Krankheit weist neben medizinischen und psychischen Aspekten auch derart viele soziale Faktoren auf wie der Gebrauch und die Abhängigkeit von Substanzen oder von problematischen Verhaltensweisen. Dabei können soziale Probleme sowohl Mitursache als auch Folgen einer Suchterkrankung sein. Erfolgreiche Suchtarbeit gelingt nur, wenn alle Dimensionen von Sucht bearbeitet werden – biologische und psychologische genauso wie soziale. Die Zusammenarbeit in einem Netzwerk – mit dem:der Klient:in im Zentrum – gelingt einfacher, wenn alle beteiligten Fachrichtungen und Angebote ihre eigenen Kompetenzen, Grenzen und Möglichkeiten kennen und benennen können.
Soziale Arbeit in der Suchthilfe und -prävention
Der Fachverband Sucht ist Teil eines Konsortiums, zu dem auch das Institut Soziale Arbeit und Gesundheit der FHNW, AvenirSocial und der Schweizerische Fachverband Soziale Arbeit im Gesundheitswesen SAGES gehören. Es hat sich zum Ziel gesetzt, die Rolle der Sozialen Arbeit in der Suchthilfe und -prävention (wieder) zu stärken, damit die soziale Dimension im Rahmen eines bio-psycho-sozialen Modells wirksam bearbeitet werden kann. Die Bearbeitung der sozialen Ursachen und Folgen von Suchterkrankungen fällt in den zentralen Zuständigkeitsbereich der Sozialen Arbeit. Von der Stärkung der Sozialen Arbeit innerhalb der Suchthilfe und -prävention profitieren in besonderem Masse Menschen mit chronifizierten Suchterkrankungen und Mehrfachbelastungen sowie deren Umfeld.
Zentrales Arbeitsergebnis des Konsortiums sind die «Empfehlungen für die Soziale Arbeit in der Suchthilfe und -prävention». Die Empfehlungen wurden von über 70 Fachpersonen aus Wissenschaft und Praxis, unter anderem mit finanzieller Unterstützung des Bundesamtes für Gesundheit und verschiedener Kantone erarbeitet.
«Fortführende Begleitung» statt «Nachsorge»
Die Praxis der Nachsorge hat sich in den letzten Jahren weiterentwickelt und weicht mittlerweile von dem Verständnis eines linearen Krankheitsverlaufs ab. Der Begriff «fortführende Begleitung» statt «Nachsorge» bietet einen möglichen Lösungsansatz, diese Lücke zu schliessen. Er umfasst soziale, medizinische und psychologische Aspekte und bildet den Aspekt der Chronizität und des nicht-linearen Verlaufs einer Abhängigkeitserkrankung besser ab.
Der Fachverband Sucht widmete sich 2023 gemeinsam mit dem GREA und Ticino Addiction der Nachsorge im Suchtbereich. Im Auftrag des Bundesamts für Gesundheit haben die drei Organisationen untersucht, ob ein vorgängig erarbeitetes theoretisches Konzept zur Nachsorge mit den Erfahrungen der Praxis übereinstimmt. Zum Zweck der Analyse wurden Sucht-Fachpersonen und Menschen mit einer Abhängigkeit befragt.
Die Ergebnisse auf Deutsch finden sich in der Zusammenfassung des Schlussberichts sowie im dazugehörigen Faktenblatt. Der vollständige Schlussbericht liegt nur in französischer Sprache vor.
Fachgruppe «Ambulante Nachsorge» wird «Soziale Arbeit»
Um dem sozialen und systemischen Blick in der Suchtarbeit Raum zu geben und Gehör zu verschaffen, um den Fokus der Arbeit besser zu beschreiben und dem aktualisierten Verständnis von Nachsorge Ausdruck zu verleihen, hat die Fachgruppe «Ambulante Nachsorge» ihren Namen 2024 zu Fachgruppe «Soziale Arbeit» angepasst.
Weiterführende Informationen und Downloads
Buch «Soziale Arbeit und Sucht. Eine Bestandesaufnahme aus der Praxis» Open-Access (2021)
Fachverband Sucht: Fortbildung Soziale Diagnostik (Juni 2021)
Fachtagung «Soziale Arbeit und Sucht – Praxis und Wissenschaft im Dialog» (März 2022)
FHNW: Fachseminar «Wenn Soziale Arbeit auf Sucht trifft» (Dezember 2022)
FHNW: Überblicksseite zum Programm des Konsortiums
Fachverband Sucht: Leitlinien zur Finanzierung der Sozialtherapeutischen Stationären Suchthilfe