Diversität und Stigmatisierung in der Suchtarbeit
Unsere Gesellschaft ist divers. Sucht-Fachpersonen müssen also auf unterschiedlichste Lebensgeschichten, -entwürfe und -bedürfnisse ihrer Klient:innen eingehen können, ohne persönliche Werturteile einfliessen zu lassen. Und auch eine Abhängigkeit an sich ist häufig noch mit Stigmatisierung verbunden.
Sensibilisierung ist zentral
Aspekte der Vielfalt sind stets auch gesellschaftlich konstruiert und beeinflusst. Sie können deshalb Faktoren der Ungleichheit und Diskriminierung sein – auch im Gesundheits- und Sozialsystem. Sucht-Fachpersonen müssen dafür sensibilisiert sein und auf unterschiedlichste Lebensgeschichten, -lagen und -bedürfnisse eingehen können. Fachlich geeignet zu reagieren und mit den eigenen Werten in Einklang zu bringen, ist nicht immer einfach.
Mehrfachbelastung durch Diskriminierung und Stigmatisierung
Bei Klient:innen können diverse Lebenssituationen zu einer Mehrfachbelastung führen. Diskriminierung und Stigmatisierung sind an sich schon belastend. Sie können aber auch medizinische Folgen, wie Nachteile in der Behandlung, haben. Zudem werden durch Stigmatisierung Abhängigkeitserkrankungen oftmals verstärkt, da sich Menschen z.B. später Unterstützung holen. Weitere damit verbundene Herausforderungen sind z.B. Verzögerungen von Leistungen aus der Sozialhilfe, die Nicht-Übernahme von Leistungen durch Versicherungen und gesellschaftliche (Nicht-)Teilhabe.
Berichterstattung über Menschen mit einer Abhängigkeitserkrankung
Das Bild, das sich die Öffentlichkeit von Menschen mit einer Abhängigkeitserkrankung macht, wird auch stark durch die öffentliche Berichterstattung geprägt. Um die gesellschaftlich vorherrschende Voreingenommenheit und die Stigmatisierung gegenüber Betroffenen zu reduzieren, hat der Fachverband Sucht die Publikation «Berichterstattung über Menschen mit Abhängigkeitserkrankungen. Eine Empfehlung für Journalist:innen und Redakteur:innen» (2024) sowie eine Kurzversion davon veröffentlicht. Das Dokument richtet sich an Medienschaffende, kann aber von allen als generelle Anleitung für eine nicht-stigmatisierende Sprache verwendet werden.
Basis war die Hilfestellung vom Aktionsbündnis Seelische Gesundheit, die 2022 in Deutschland erschienen ist. Der Fachverband Sucht hat das Originaldokument für die Schweiz adaptiert und gemeinsam mit GREA und Ticino Addiction sprachregionale Versionen für die Deutschschweiz, die Romandie und die italienischsprachige Schweiz ausgearbeitet.
Arbeitsergebnisse des Fachverbands Sucht
Aktuell sind erst wenige Informationen und Fachwissen über Diskriminierung und/oder Stigmatisierung im Gesundheitssystem vorhanden, auch fehlt eine gesellschaftliche Debatte darüber. Der Fachverband Sucht greift die Themen Diversität, Stigmatisierung und Diskriminierung in verschiedenen Formen auf:
- Publikation 2024: «Empfehlungen zur medialen Darstellung von Menschen mit Abhängigkeitserkrankungen»
- Fortbildung 2024: «Rassismus in der Suchtarbeit – Was hat das mit mir zu tun und was kann ich dagegen tun?»
- Veranstaltung 2024: «Substanzkonsum von LGBTIQ+-Personen»
- Soirée 2022 «Umgang mit Diversität in der Suchtarbeit – Überwinden von Stigmatisierung & Diskriminierung»
- Fortbildung 2022 «Suchtarbeit – Wertekonflikte – Ethik: Ethische Reflexion in der Suchtarbeit»
- Soirée 2019 «Gender in der Suchtarbeit: Verstaubt und abgehakt - oder brandaktuell?»
- Fortbildung 2018 «Leistungssensible Suchttherapie – Entstigmatisierung und Rückfallprävention»
- Disclaimer Non-binäre Sprache beim Fachverband Sucht
- Fachgruppe «Gendergerechte Suchtarbeit»
- Themenseite «Invalidenversicherung und Sucht»
Weiterführende Informationen und Downloads
Publikationen
- SuchtMagazin (01/2023): «Stigmatisierung und Diskriminierung» (2023)
- Leitlinien von Infodrog: «Diversität in der Suchtarbeit. Leitlinien zum Umgang mit der Vielfalt der KlientInnen» (2020)
Bildung
- Fachseminar FHNW: «Gender und Diversity in der Suchtarbeit»
Referate
- Präsentation von Sandra Schäfer (du-bist-du): Psychische und physische Gesundheit von jungen queeren Menschen (2023)
- Präsentation von Otto Schmid (Verein stigmafrei): «Stigmatisierung in der Suchtarbeit: Hintergrund, Auswirkungen und Implikationen» (2022)
- Präsentation von Monica Sittaro (Reha Lutzenberg): «Wie gelingt diversitätsgerechte Suchtarbeit in Institutionen?» (2022)